Geschichtliche und politische Entwicklung
Nieder-Roden führt seine Gründung auf ein Frauen-Kloster »Rothaha« und eine kleine Ortschaft Nievenhof zurück. Die erste urkundliche Erwähnung führt in das Jahr 786. In einer Schenkungsurkunde der Äbtissin Aba an das Kloster Lorsch findet sich folgender Text:
»Und so schenke ich, Aba, die Gottgeweihte, Tochter des verstorbenen Theodo, in Gottes Namen zum Heile meiner Seele und um der ewigen Vergeltung willen dem heiligen Märtyrer Gottes Nazarius, dessen Leib im Oberrheingau, im Kloster, welches Lorsch genannt wird, am Flusse Weschnitz ruht, beziehungsweise jener heiligen Gemeinschaft von Mönchen, welche dort sich versammelt hat und wo der verehrungswürdige Richbod als Abt waltet, auf ewige Zeiten und aus freiem Willensantrieb mein Kloster. Dieses Kloster ist zu Ehren der heiligen Maria und der übrigen Heiligen im Moynecgowe (Maingau), im Gebiete der Gemarkung Raodora (Roden, heute Ober- und Niederroden südlich Offenbach) beim Niwenhof (Neuenhof), am Flusse Rodaha (Rodaubach) errichtet. Geschehen im Kloster Lorsch in der Basilika des hl. Nazarius vor dem hochgeschätzten Leib jenes Märtyrers, in Gegenwart vieler Zeugen, im 18. Jahre der Regierung unseres Herrn, des Königs Karl, am 25. November 786.«
Eine weitere urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 903. Es ist ebenfalls eine Schenkungsurkunde einer Frau Kunigunda an das Kloster Lorsch, mit gleichzeitiger Lehensgabe an die Schenkende. In der Urkunde findet sich folgender Text:
»... gleichfalls auch das dem M. Nazarius gehörige Frauenkloster Rothaha (Nieder-Roden an der Rodau) mit allem ihm gesetzlich zustehenden Zubehör.
Geschehen im Kloster Lorsch im Jahre 903 nach des Herren Menschwerdung, im 4. Jahre des Königs Ludwig, des Sohnes des Kaisers Arnulf, am 21. November. «
Danach muß Nieder-Roden in den Besitz weltlicher Herrscher gekommen sein, denn im Jahre 1371 verpfändet der Graf Eberhart von Eppstein die Ortschaft Nieder-Roden an den Grafen Ulrich von Hanau-Lichtenberg für 8400 Goldgulden.
Im Jahre 1425 kam Nieder-Roden in kirchlich-weltlichen Besitz. Der Graf von Hanau-Lichtenberg verkaufte Nieder-Roden an den Erzbischof von Mainz, der gleichzeitig als Kurfürst auch weltlicher Herrscher war. An diese Zeit, in der Nieder-Roden der bedeutendste Ort im Rodgau war, erinnerten noch vor einigen Jahren mehrere Grenzsteine, die auf der Vorderseite als Zeichen der weltlichen Macht das »Mainzer Rad« und als Zeichen der kirchlichen Macht die alte Bischofsmitra und das Kreuz trugen.
Im Jahre 1802 kam Nieder-Roden im Zuge der Säkularisation und als Folge der Französischen Revolution wieder unter rein weltliche Herrschaft. Nieder-Roden gehört ab diesem Zeitpunkt zu Hessen-Darmstadt.
Von 1802-1805 war Nieder-Roden landgräflich-hessischer Besitz. Im Jahre 1806 erhielt der Landgraf von Hessen von Napoleon den Titel eines Großherzogs, und somit war Nieder-Roden von 1806-1917 Teil des Großherzogtums Hessen-Darmstadt.
Mit der Auflösung des »Deutschen Kaiserreiches« im Jahre 1918 wurde Nieder-Roden Teil des Freistaates Hessen und gehört seit 1945, dem Ende des 2. Weltkrieges, zum heutigen Land Hessen
Seit Gründung bis zum Jahre 1976 war Nieder-Roden eine selbständige Gemeinde. Im Jahre 1973 beschloß die Hessische Landesregierung eine Gebietsreform. Im Zuge dieser Reform verlor auch Nieder-Roden seine Selbständigkeit und gehört seit dem 1. 1. 1977 als südlichster Teil zur neugegründeten Groß-Gemeinde »Rodgau«. Mit Urkunde des Hessischen Ministerpräsidenten vom 15. September 1979 wurde Rodgau »Stadt«. Heute hat Rodgau 45 000 Einwohner, davon wohnen alleine im Stadtteil Nieder-Roden ca. 15 500 Menschen. In all diesen Jahren führte der Schultheiß und später auch der Bürgermeister die Amtsgeschäfte in seiner Wohnung. Erst ab 1836 stand dem Bürgermeister hierfür zeitweise ein Raum in der Schule zur Verfügung, der aber immer wieder dann geräumt werden mußte, wenn durch geburtenstarke Jahrgänge dieser Raum als Unterrichtsraum benötigt wurde. Ein eigenes Rathaus (Bürgermeisterei) baute die Gemeinde im Jahre 1904 in der Hintergasse, der heutigen Karolingerstraße. Im Jahre 1912 erwarb die Gemeinde von der Kirche das durch den Neubau des Pfarrhauses freigewordene alte Pfarrhaus an der Hauptstraße, das bis zum Jahre 1966 als Rathaus benutzt wurde. Dieses alte Fachwerkhaus wurde im selben Jahr abgerissen und an gleicher Stelle das jetzt ehemalige Rathaus errichtet.
1986 feierte Nieder-Roden sein 1200 jähriges Bestehen.